Auf den Hund gekommen: Ausflüge mit Hunden in Mittelfranken

Seit Juli ist es schon da, ein neues Werk mit Beiträgen von mir und Bildern von Martin… Auf Einladung von Sigrun Arenz durfte ich einige Kapitel zu ihrem Projekt “Ausflüge mit Hunden in Mittelfranken” beisteuern. Das Büchlein liefert auf handlichen 120 Seiten viele Tipps und Touren für den Gang mit dem besten Freund des Menschen abseits der alltäglichenGassi-Runde. So kommt der Fellfreund nicht nur zur Kultour auf die Burg und ins Museum, sondern auch aufs Stand Up Paddle. Neugierig? Dann einfach mal bei ars vivendi reinschauen und bestellen. Übrigens auch gut zum verschenken!

Ausfluege mit Hunden in Mittelfranken

Zu Gast bei den Nürnberger Mittagslesungen

Gemeinsam mit Illustratorin Ute Plank bin ich zu Gast bei "Gäste &Buch", der legendären Mittagslesung im Nürnberger Künstlerhaus. Was gelesen wird, wird vorab nicht verraten. Aber versprochen: Es wird launig... seid dabei!    Moderation: Katharina Gloser

Termin: 8. Februar 2018 um 14 Uhr (bis 14.45 Uhr)

Hintergrundinformation zu den Nürnberger Mittagslesungen:

Wenn Nürnberger Persönlichkeiten aus ihren Lieblingsbüchern lesen und sich mit der Moderation über das Gelesene austauschen, darf sich das Publikum entspannt zurücklehnen und bei einer Tasse Tee oder Kaffee lauschen. Informationen zur Lesereihe bekommen Sie bei Madeleine Weishaupt Tel. 0911/3263525, Katharina Gloser Tel. 0911/397142, Elke Thoma & Christiane Rumpf Tel. 0911/231 3365. Die Programmkarten liegen in der Kulturinformation und anderen Kultureinrichtungen aus. Die Sparkasse Nürnberg unterstützt diese Lesereihe und fördert damit Literatur in der Region.

 

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Frohes neues Jahr: Frustsätze statt Vorsätze

Zur Reduktion der Fallhöhe guter Vorsätze empfehle ich unbedingt ein paar wohl durchdachte Frustsätze zu formulieren. Dann kann eigentlich gar nichts mehr schief gehen! In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen chilligen, glücklichen und vor allem gesunden Start ins Jahr 2018!
Eure Anna

Ach ja und ... bloß nicht stressen lassen ...

Warum, fragt sich Frau Mutter, ist sie immer irgendwie im Stress? Egal wie gut sie sich auch organisiert: am Ende bleibt doch immer mindestens eine unerledigte Sache. Und die liegt ihr dann im Magen oder verursacht fiese Hummeln in dem Hintern, der es doch eben erst aufs Sofa geschafft hat. Aber warum ist das so? Soviel Müssen bis man endlich mal was darf... Frau Mutter erinnert sich dunkel, dass sie sich manchmal gewundert hat, warum ihre Eltern eigentlich dauernd so beschäftigt sind. Irgendwas war immer oder musste schnell noch erledigt werden. Das, davon war sie noch als Teenager überzeugt, würde ihr mal nicht passieren. Und heute? Heute hat sich Frau Mutter dabei erwischt, dass sie genervt und erschöpft vom 15. „Nein“, dem 20. „Gleich“ und dem dritten „Mama muss noch schnell...“ in Juniors Gesicht blickte und darauf stand voller kindlichem Unverständnis in Großbuchstaben geschrieben: „WAS ZUR HÖLLE MACHST DU DA EIGENTLICH, MAMA!“ Für einen kurzen Moment hatte Frau Mutter das Gefühl, sich selbst in die Augen zu blicken - eine Art Déjà-Vu. Gute Frage: Was macht sie da eigentlich? Sinnloser Weise versucht sie sich in Perfektion. Sie will fertig werden. Alles richtig machen. Das Wesentliche erledigt wissen, um dann wirklich nur noch Augen und Ohren für Herrn Sohn haben zu können. Tief drinnen weiß sie wohl, dass dieser Moment nie kommen wird. Ja gar nicht kommen kann. Schließlich ist es doch so, dass das bloße Erreichen eines solchen Momentes, diesen umgehend zunichtemacht. Alternativen dazu bieten lediglich ein Gemälde mit Goldrand, das Standbild vor dem Abspann eines besonders kitschigen Hollywood-Films oder der seltene Schnappschuss bei dem tatsächlich mal alle gemeinsam in dieselbe Richtung blicken. Kurz gesagt: Nichts, was atmet oder sich gar bewegt, hat jemals das mysteriöse Stadium „FERTIG“ erreicht. Trotzdem eifern sogenannte Erwachsene immer weiter dieser Illusion nach. Fertig sind am Ende nur sie selbst – und zwar fix und fertig. Ganz offenbar verlernen wir im Lauf des Lebens einfach zu sein. Wir tauschen das „Sein“ gegen ein „Was wäre wenn“. Und dann traben wir – einem bewegten Standbild gleich – der Karotte vor dem Eselskarren hinterher. Und mit einem Mal hat Frau Mutter begriffen: Niemals dürfen unsere Kinder uns in Ruhe lassen! All ihr trotziges Unverständnis, ihre gewitzten Warums und ihr unermüdliches Nein sind der Stachel in unserem Trott. Kinder sind Teil unseres Lebens, um zu verhindern, dass wir zu schnell fertig werden. Stattdessen erinnern sie uns daran, dass wir weiter wachsen können, obwohl wir dreist behaupten, schon erwachsen zu sein. Und genau deshalb hat Frau Mutter für's neue Jahr auch nur ein paar gute Frustsätze gefasst: Öfter mal einfach sein, statt glänzen wollen, das Leben ungeplant auf sich zukommen lassen und auf gar keinen Fall mehr fertig werden wollen.

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Premierenlesung im Hersbrucker Stadthaus

Das war gestern ein ganz besonderer Nachmittag für mich. Zum ersten Mal ging es nicht um sachlich fundiert recherchierte Texte, sondern um Worte, die aus meinem Herzen kommen. Und was soll ich sagen: den Zuhörern hat's gefallen... Sie haben das getan, was ich mir gewünscht habe: geschmunzelt, gelacht, andächtig gelauscht und auch mal ein Tränchen verdrückt. Ein größeres Geschenk kann man einem schreibverrückten Menschen wie mir nicht machen. Ich danke allen die da waren und die den Nachmittag möglich gemacht haben: allen voran der grandiosen Ute Plank für ihre Bilder zu meinen Worten - egal ob nun live oder gedruckt: ohne Dich wäre dieses Projekt nur die Hälfte! Du hast mich sehr glücklich gemacht. Danke an Judith Schönhöfer vom Hersbrucker Kulturforum K5 für's Ausrichten der Lesung, danke an Katja Bub  von der Hersbrucker Zeitung für die wunderbaren Worte zur Eröffnung und an Julia Richter für den Büchertisch, an Ina Schönwald für ein Lichtlein im rechten Moment, um das Dunkel der Aufregung zu verscheuchen und natürlich meiner ganzen verrückten Familie: meinem geliebten Martin und süßen Erik - ohne Euch geht gar nix, meiner Schwester Katja Holler mit Harald  und meiner Nicht Paula, meinem Dad und meinen Schwiegereltern. Ihr seid alle famos.

Frau Mutter und Junior bei der Lesung im Hersbrucker Stadthaus

Frau Mutter und Junior bei der Lesung im Hersbrucker Stadthaus

Mutterglück und Babysorgen ist da

Endlich wird die Geduld belohnt: "Mutterglück und Babysorgen" ist da! Ab sofort im Leserservice der Hersbrucker Zeitung, bei Bücher Lösch und ab Mittwoch auch über Amazon. In welchen Buchläden wir darüber hinaus langfristig vertreten sein werden, werde ich hier regelmäßig updaten. Und natürlich könnt Ihr das Büchlein jederzeit auch mich bestellen - vor allem, wenn Ihr Euch eine persönliche Widmung wünscht.

Geschafft und glücklich! Eure Anna

 

Erik ist auch sehr zufrieden mit dem Büchlein, besonders mit Ute Planks tollen Bildern.

Erik ist auch sehr zufrieden mit dem Büchlein, besonders mit Ute Planks tollen Bildern.

Alles wie immer...

Die Druckerei war nun doch völlig überrascht von den beiden Feiertagen... Ich muss mich also noch ein wenig länger in Geduld üben. Und Ihr mit mir. Der nächste Stand der Dinge lautet übrigens: Dienstag isses soweit... Derweil vertreib ich mir die Zeit und dichte ...


Was wir brauchen ist Zeit
Lebenszeit
Zeit zu leben
Was soll das heißen?
Wir leben doch
Leben wir noch,
Oder schon?
Um zu leben
Muss man sie nehmen
Die Zeit
Ob wir sie nutzen oder leben
Sie verrinnt
Mit und ohne Sinn,
den wir ihr geben

Was wir haben ist Zeit
Alle Zeit der Welt
Wenn wir sie nehmen
Ohne die Frage
Ob uns morgen noch Zeit bleibt,
wenn wir heute schon leben

 

 

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Nur noch drei Mal schlafen...

Es ist soweit! Nur noch drei Mal schlafen, dann erscheint endlich "Mutterglück und Babysorgen" im Pfeiffer Verlag (Hersbruck). Das lange Warten hat sich wirklich gelohnt, denn diesmal dürfen meine Protagonisten sogar Form und Farbe annehmen... Die launigen Geschichten rund um Frau Mutter, Herrn Papa und den Bonsai-Bären wurden nämlich liebevoll bebildert von der großartigen Illustratorin Ute Plank. 

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Der Grimes kommt

Als ich klein war konnte ich oft nächtelang nicht einschlafen. Weil ich Angst hatte nicht wieder aufzuwachen. Wenn ich bei Euch am Wiesengrund war und nicht schlafen konnte, weil es  fremde Schatten gab oder der Zug so schauerlich ratterte, hast Du mir Märchen vorgelesen. Aber lieber noch als vorgelesen, hast Du mir Geschichten erzählt. Vor dem Schlafengehen, beim Mensch ärger Dich nicht spielen, beim Unkraut zupfen im Garten, beim Stöbern auf dem Speicher und auf unseren Spaziergängen zum kleinen Tunnel und wieder zurück. Wir haben viel gesungen und viel gelacht. An einem sonnigen Nachmittag hast Du mir das erste Mal vom Grimes erzählt – vielleicht war ich fünf. Von diesem sonderbaren Fabelwesen, konnte ich danach nie genug hören. Obwohl ich Angst hatte vor ihm ... Der Grimes wohnte damals in der Hecke an Eurer Gartentür und wenn man nicht aufpasste, wenn man daran vorbeiging, dann schnappte er einen und entführte ihn für immer weit weg von dieser Welt und auch sonst trieb der Grimes allerlei Schabernack. Die Gefahr war gebannt, wenn man nicht allein an der gefürchteten Hecke vorbeischlich. Wenn wir beide Hand in Hand an der Hecke vorbeigingen und dabei vielleicht ein Liedchen sangen, war die Welt in Ordnung – denn der Grimes war zwar gefährlich, aber trotzdem feige. Die Hecke an Eurer Gartentür gibt es heute nicht mehr und inzwischen bin ich auch groß genug, um allein aus der Gartentür in die Welt zu spazieren. Den Grimes hab ich trotzdem nie vergessen und das Bild, dass Du mir mit auf meinen Lebensweg gegeben hast: Zu zweit geht alles leichter und wenn man gemeinsam durch die Tür geht, ist man auf der anderen Seite nicht allein. Der Grimes wohnt nicht mehr in der Hecke neben Eurer Gartentür, aber er ist der persönliche Begleiter meiner Ängste und Herausforderungen geworden. Er versteckt sich in meinem Alltag, in einer Prüfung die ich noch bestehen muss, in einer Auseinandersetzung, die ich führen und in einer Entscheidung, die ich treffen muss. Am Ende bleibt er das, was er schon immer war – die Angst eines Menschen vor der Endlichkeit des Seins, vor dem weg sein, wenn die anderen noch da sind und auf der anderen Seite die Angst, dass einer, den man liebt, plötzlich für immer weg sein könnte. Mit der Geschichte vom Grimes hast Du mich beschützt, als ich klein war, weil sie mich daran hinderte einfach gedankenlos alleine loszulaufen. Auf eine  ambivalente Art und Weise beschützt mich der Grimes heute noch. Der Grimes – das sind die Herausforderungen auf unserem Lebensweg welchen wir uns noch stellen müssen und es ist gut so, solange wir es mit Sinn und Verstand tun. Eines Tages musste ich lernen allein aus Eurer Gartentür zu gehen und doch gibt es heute noch Türen an denen jemand meine Hand nehmen muss, damit ich sie zum ersten Mal durchschreiten kann. Vielleicht hilft mir dieses Bild zu verstehen, dass es einen Tag im Leben jedes Menschen gibt, an dem wir selbst dem Grimes die Hand reichen müssen, um uns unserer letzten Herausforderung zu stellen. Dann entführt uns der Grimes für immer weit weg von dieser Welt. Der Grimes ist nicht böse, er ist nur fremd in unserer Welt und wir können ihm erst freiwillig die Hand geben, wenn uns der Grimes, mit all unseren Erfahrungen, weniger fremd ist, als die Welt in der wir so lange gelebt haben. Du hast lange gezögert dem Grimes die Hand zu reichen. Statt dessen haben wir uns oft an der Hand gehalten. Aber Stück für Stück ist mir Deine Hand entglitten, bis ich schließlich erkennen musste, dass man Dich diesmal auf dem Weg durch die Gartentür nicht begleiten konnte. Diesmal hat der Grimes Dich für immer mitgenommen in diese andere Welt, von der wir nichts genaues wissen, von der ich aber glaube, dass es dort einen großen Garten für Dich gibt. Wenn ich Dich eines Tages in diesem Garten besuchen komme, muss ich vielleicht nicht dem Grimes die Hand geben, weil Du schon auf mich wartest an der Hecke neben der Gartentür.

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Sieben Jahre

Heute vor sieben Jahren sind wir in ein Flugzeug gestiegen, das uns nach Indien bringen sollte. Du hattest entschieden, dass Du lieber die Welt sehen wolltest statt eine Kur- Einrichtung. Heute vor sieben Jahren wussten wir nicht, dass wir am Anfang unserer letzten gemeinsamen Reise standen. Heute vor sieben Jahren wussten wir nicht, dass sich die Metastasen längst ein Nest in Deinem Körper gebaut hatten mit dem sie Deine Lunge unter Wasser setzten wollten. Dich ertränken...Heute vor sieben Jahren warst Du glücklich, weil Du Dir einen lang gehegten Traum erfüllen wolltest. Wie ein Kind mit großen staunenden Kulleraugen hast du jedes Detail in Dich aufgesogen. Heute vor sieben Jahren wussten wir nicht, dass jeder unserer ersten Schritte in diesem fremden Land, einer Deiner letzten in dieser Welt sein würden... Ich bin unendlich dankbar für unsere Unwissenheit. Denn wie hätten wir auch nur einen Schritt vor den anderen setzten sollen, wenn wir die Wahrheit gekannt hätten? Wie etwas anderes tun als uns fest zu umklammern bis endlich das Unvermeidliche eintritt? Wir aber wussten von nichts, obwohl der Kreb schon so lange Dein Schatten war. Wir hatten uns fast schon ein wenig an ihn gewöhnt... Wie an einen sehr unangenehmen Verwandten, den man eben nicht mehr los wird. Wie waren naiv und taten einfach, was wir schon immer getan haben: wir entdeckten, lachten, probierten, knipsten, ließen uns auf der Zunge zergehen, waren sorglos, abenteuerlustig, verschwenderisch und vergnügt. Sogar gestritten haben wir... wie immer. Nur manchmal warst Du sehr müde und das Atmen fiel Dir schwer... Dann wolltest du eine Pause machen oder ein Nickerchen... aber nur ganz kurz. Du hattest es auf ein getragene Weise sehr eilig. Manchmal wenn ich morgens zwischen Wachen und Träumen gefangen bin, liege ich wieder in meinem Bett in Jodphur und kann im Bett gegenüber Deinen Hinterkopf erahnen... unerreichbar. Die Haare waren nicht nur weiß sie waren kurze Stoppeln, die sich komischer Weise weich anfühlten. Dabei hattest Du Dein Leben lang eine wilde rote Henna-Mähne. Die hat uns die Chemo genommen und noch so vieles andere mehr... Und auch andere Farben sind irgendwie in Indien geblieben... Heute in 77 Tagen wirst Du vor sieben Jahren Deinen letzten Atemzug bereits gemacht haben... Wissen ist Macht sagen sie... Aber ich war glücklicher als ich noch nicht wusste... Denn dieses Wissen macht mich nicht nur macht-, sondern kraftlos und manchmal sehr einsam... Du fehlst: immer noch - heute und auch noch in sieben Jahren...

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Abschied von der großen Bärin

Ich blicke aus Deinem Fenster. Es gehört eigentlich gar nicht Dir, aber weil Du gerade hier
bleiben musst, ist es Dein Fenster: draußen – goldene Kugeln auf kleinen roten Backsteinerkern. Ich denke Frosch, Prinzessin, Märchen – so wie in einem von Paulas bunten Büchern mit den großen Buchstaben. Aber nichts an der Situation in der wir uns gerade befinden, ist märchenhaft. Oder doch? In meinem Germanistik Studium haben sie behauptet: Märchen sind die grausamsten Geschichten überhaupt. Ich würde gern aufwachen aus dieser alptraumhaften Situation und Dich mit mir wecken, wachrütteln, wegzerren von hier – so wie früher manchmal… Du hast erzählt, dass ich, als ich noch sehr klein war, beim Spazierengehen immer Deine Hand halten wollte – auch nachdem Du mich schon ganz weit getragen hattest. Ich ließ mich partout nicht abwimmeln. Selbst als Du die Hände schütteltest und riefst: „Ich will einfach mal ein Stück lang frei sein", griff ich Deine Hand und sagte: „Ok, dann lass uns gemeinsam frei
sein." So war es dann eigentlich immer – gemeinsam frei – aber von beiden Seiten. Ein bisschen Fluch (in meiner wilden Teenager-Zeit) – ein bisschen Segen (wann immer ich Trost und Antworten suchte). Aber, wir sind ja schon wach. Das wird mir immer besonders schmerzlich klar, wenn Du Deine schönen Augen, deren Farben von Tag zu Tag ein wenig blasser werden, so weit und ungläubig aufreißt und mich durchdringend ansiehst. Wie ein Kind, dem man gesagt hat, dass Weihnachten ausfällt. Und ein wenig ist das doch auch so. Denn Du hattest noch so
viel vor: Erkämpft mit Mut, Neugier und Willenskraft. Und nun, das sagen die Ärzte, soll es
das gewesen sein. Und dann rufe ich: „Mamabär – es ist alles gut. Ich bin ja bei dir! Wir sind
gemeinsam … wenn auch nicht frei … aber das denke ich nur. Mamabär nicht nur, weil die ungewohnt kurzen Haaren, deine großen Kinderaugen und die tapsigen Bewegungen jetzt daran erinnern, sondern auch, weil Dein Name – Ursula – für die kleine Bärin steht. Einen kraftvollen und entschlossenen Namen haben Deine Eltern, haben Hans und Wally, Dir mit auf Deinen Weg gegeben. Du hast ihm alle Ehre gemacht. Manchmal vielleicht auch mit deinem bärentypischen Dickschädel, den auch ich von Dir habe. Also rufe ich die große Bärin an. Doch sie weiß schon, dass ich notlüge und ihr Blick entgleitet mir. Du bist mir nicht böse. Du kennst all das. Du hast es selber getan, wohl acht Jahre vor meiner Geburt – für deine Mutter. Wir haben oft darüber gesprochen, aber es nie so recht geglaubt, dass es so weit kommt… Dass ich vielleicht eines Tages ohne Dich – heiraten muss oder Kinder groß ziehen. Plötzlich ist dieses Ende so nah und das wirkt so unecht. Und wir können nichts tun, als uns an der Hand halten.
Das hat nichts mehr von dieser einmal gewesenen Freiheit. Wir sind gemeinsam gefangen und bleiben es. Und dieses Halten schmerzt in manchem stillen Moment so sehr. Wir sind gefangen - So lange bis wir es schaffen beide loszulassen. Und ich flüstere Dir zu: „Es ist gut, Du darfst loslassen. Wir werden trotzdem frei sein. Wir sind uns viel zu nah, als dass der Tod dies feste Band lösen könnte." Ich komme aus Dir und bleibe ein Teil von Dir und schenke Dir ein Stück von mir für Deine letzte große Reise. Das Reisen – gemeinsam und einsam – war immer eine unsere Leidenschaften und Stärken. Am liebsten reisten wir dahin, wo es auch mal weh tut. Wo man lernt, die Welt in ihrem Innersten zu verstehen. Wir wollten sehen. Dafür hast Du so ausdauernd studiert: Landkarten und Sprachen. Persien, Jemen, Usbekistan, Amerika, Türkei, Armenien, Marrakesch, Indien und auch Tschechien… Du bist viele letzte Wege gegangen, selbst dann noch als die Zeit und die Kraft knapp wurden: Du hast mit Zigeunern gesungen, mit Berbern die Wüste bereist, mit Indianern geschwitzt und mit Kalbelia getanzt. In jeder Fremde hast Du schnell Freunde gefunden. Für Dich gab es gar kein fremd – nur anders, neu, spannend, vielleicht selten und darum so kostbar. Ich werde nie vergessen wieviele Farbfacetten der Sand hat, wenn über der Wüste die Sonne aufgeht, wie es ist mit indischen Straßenkindern Holi zu feiern oder mit Dir Hand in Hand dem Regen zu trotzen an der rauhen Küste von Neu-England – auf der Suche nach dem Grab eines längst vergessenen Dichters. Ein großer Traum blieb Dir trotz aller Entschlossenheit verwehrt – das schöne traurige Land in der Wüste – Afghanistan. Vielleicht darf ich nun eines Tages für Dich dorthin reisen und diesen Teil von Dir, der immer bei mir ist und bleiben wird, dorthin mitnehmen.

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